Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokraten e.V. Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokraten e.V.

Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokraten e.V. - 70 Jahre nach Auschwitz - die Erinnerung bleibt

03.02.2015
Hanauer Schüler nehmen an der internationalen Jugendbegegnung des Bundestages teil

70 Jahre nach Auschwitz - die Erinnerung bleibt

Vom 22. bis zum 27. Januar trafen sich 80 Jugendliche aus aller Welt zur 19. Jugendbegegnung des Deutschen Bundestages. Anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz, stand das Gedenken der Opfer des Nationalsozialismus im Mittelpunkt. Verschiedene Länder wie Frankreich, Italien, Polen, Ukraine, Weißrussland, Ungarn, Tschechien, Russland, aber auch USA und Israel waren vertreten. Darunter auch die beiden 18 jährigen Schüler Frauke Lückhoff und Marko Khrapko von der Karl-Rehbein-Schule aus Hanau. Sie vertraten dort das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, das 1924 zum Schutz der Demokratie gegründet und später von den Nationalsozialisten zerschlagen und verfolgt wurde. Heute möchten die Mitglieder des Reichsbanners die Auseinandersetzung mit Demokratie und Diktatur in der deutschen Geschichte fördern, z.B. mit der Teilnahme an Jugendbegegnungen wie dieser.

Das Programm der Jugendlichen war vielfältig. Direkt nach der Anreise gab es eine geschichtliche Einführung, von Dr. Robert Zurek über Polens Geschichte im zweiten Weltkrieg und der Politik nach 1945. Die Vorlesung sollte den Jugendlichen einen Überblick über Polen und der Beziehung zwischen Polen und Deutschland verschaffen, da sie schon am nächsten Tag nach Polen flogen, um die Stadt Oświęcim, in der das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau liegt, zu besuchen. Dort trafen sie sich mit dem stellvertretender Direktor des Museums Andrzej Kacorzyk und besuchten zusammen das ehemalige Konzentrationslager. Die Eindrücke, welche die Jugendlichen sammelten, waren mit sehr vielen Emotionen verbunden. Manche staunten, manche weinten, manche schwiegen. Viele konnten nicht beschreiben was sie dort gesehen und gefühlt haben, denn es war für sie unvorstellbar, dass jemand in der Lage wäre, 1.1 Millionen Menschen innerhalb einer kurzen Zeit zu ermorden. "Es ist für mich unvorstellbar wie es die Menschen hier ausgehalten haben, wenn ich schon in meinen dicken Schuhen, in meinem Pullover und meinem Mantel bei 0 Grad frieren muss. Wie konnten die Menschen, nackt und barfuss, ohne Essen und Trinken, bei -20 Grad Kälte und bei täglicher und harter Arbeit überleben? Auschwitz ist kein Ort, der beim Verlassen zurückbleibt. Sondern ein Ort, der sich in dein Bewusstsein prägt und dich nicht wieder verlässt." so Marko Khrapko über den Besuch in Auschwitz. Auch Frauke Lückhoff ist emotional mitgenommen: "Ich war erschüttert als ich vor einem Raum stand, der voll mit Haaren war, welche den Opfern nach ihrem Tod abgeschnitten wurden. Ich kann mir nicht vorstellen wie viele Menschen getötet werden mussten, um 2 Tonnen Haare zusammen zubekommen“ In der Jugendbegegnungsstätte in Oświęcim wurde anschließend in Arbeitsgruppen viel geredet und diskutiert. Zum Abendessen wurden auch polnische Jugendliche aus der Stadt eingeladen um einen Dialog zwischen den verschiedenen Nationen zu ermöglichen.

Ein weiterer Programmpunkt war eine Fahrt nach Krakau und der Besuch in der Emaillefabrik von Oskar Schindler. Ein Mann, der über 1000 Juden während des Holocausts bei sich in der Fabrik arbeiten ließ und ihnen so das Leben rettete. "Für mich war es schön zu sehen, dass es nicht nur Menschen gab, welche ihre jüdischen Nachbarn an die SS auslieferten, sondern auch solche, die ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben um Juden zu retten" so Marko Khrapko. Nach einer Führung im ehemaligen jüdischen Viertel, gab es die Möglichkeit im jüdischen Museum Galizien mit der Zeitzeugin Zofia Posmysz zu sprechen, welche als polnisch-katholische Gefangene Auschwitz überlebt hatte. Sie erzählte viel über den Alltag im KZ und man konnte spüren, dass nicht nur sie, sondern auch die Jugendlichen emotional betroffen waren. "Für mich war es auch sehr beeindruckend, dass die Zeitzeugin den Deutschen vergeben hat und heute nicht mehr jeden als potenziellen Nazi sieht“, findet Frauke Lückhoff.

Am 26. Januar waren die Jugendlichen wieder in Berlin zu einem der Höhepunkte ihrer Reise. Sie hatten die seltene und vielleicht auch einmalige Möglichkeit sich an einer Podiumsdiskussion mit Bundespräsident Joachim Gauck, Bundestagspräsident Norbert Lammert und Zeitzeuge Marian Turski zu beteiligen. Es wurde 1,5 Stunden fleißig diskutiert und viele Fragen der Jugendlichen wurden beantwortet. Ein Video der gesamten Podiumsdiskussion ist auf der Internetseite des Bundestages zu finden.

Den Abschluss der Jugendbegegnung bildete die Teilnahme an der Gedenkstunde im Bundestag. Zusammen mit den Abgeordneten und der deutschen Regierung gedachten die Jugendlichen der Opfer des Nationalsozialismus. Joachim Gauck und Norbert Lammert hielten eine beeindruckende Rede. Danach konnten die Jugendlichen bei der Eröffnung der Kunstausstellungen "Der Tod hat nicht das letzte Wort - Niemand zeugt für den Zeugen" und "Zeichnen gegen das Vergessen" dabei sein. Einige der Kunstwerke wurden von Gefangenen aus Theresienstadt gezeichnet. Einer dieser Künstler war Jehuda Bacon, der bei der Eröffnung persönlich dabei war und eine Rede hielt.

Die Beendigung der Veranstaltung fiel vielen Jugendlichen schwer, da sie durch das zusammen erlebte sich sehr verbunden fühlten und sich nicht von einander trennen wollten. So berichtet Frauke Lückhoff: "Es war eine große Ehre an der Podiumsdiskussion und an der Gedenkstunde im Plenarsaal teilzunehmen. Die Erfahrungen die ich gesammelt habe, waren für mich sehr kostbar und ich kann sie nur jedem empfehlen.“ Marko Khrapko fasst zusammen: “Für mich war die Jugendbegegnung eine sehr wertvolle Erfahrung, welche meine Denkweise und meinem Bezug zur Geschichte Deutschlands verändert hat, wofür ich dem Bundestag und dem Reichsbanner danken möchte. Für mich persönlich waren die Besuche im KZ, in den verschiedenen Museen und die Teilnahme an der Gedenkstunde jedoch nicht nur der wertvollste Teil. Für mich war es auch das Zusammentreffen mit anderen Nationen, Kulturen, Religionen und Ansichten, denn ich habe bei all den Diskussionen und Dialogen mit den anderen Jugendlichen mindestens genauso viel gelernt wie im gesamten Programm.“ - Khrapko, Lückhoff.

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