Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokraten e.V. Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokraten e.V.

Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund aktiver Demokraten e.V. - Stamm-Kuhlmann

Grußwort
Prof. Dr. Thomas Stamm-Kuhlmann, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

zur Ausstellungseröffnung am 16. Januar 2016
im Pommerschen Landesmuseum zu Greifswald

Der Name „Reichsbanner“ klingt für heutige Ohren sperrig. Wir haben weder ein Reich, noch laufen wir heute Bannern hinterher, sondern wir reden – militärisch – von Fahnen, umgangssprachlich meistens von Flaggen. Man muss also mehrere Etappen von Fremdheit überwinden, um zu begreifen, wofür das „Reichsbanner“ steht und was die Organisation, die diesen Namen trägt, heute will.

Das Verständnis erschließt sich am einfachsten, wenn man sich die Geschichte des sogenannten Flaggenstreits in der Weimarer Republik vergegenwärtigt. Schwarz-Rot-Gold war erst in der Reichsverfassung von 1919 als Nationalflagge des Deutschen Reiches festgelegt worden, womit an die Tradition der Paulskirchenregierung von 1848 angeknüpft werden sollte. In der Agitation des Verbandes, der hier vorgestellt wird, war damit aber vor allem ein Bekenntnis gegen die monarchische Restauration verbunden, sowie eine Parteinahme gegen den gesellschaftlichen Konservativismus insgesamt. Für beides stand Schwarz-Weiß-Rot. Nach Hitlers Machtergreifung wurde Schwarz-Weiß-Rot für zwei Jahre wieder zur Nationalflagge, was das Bündnis der deutschen Konservativen mit Hitler recht gut symbolisiert.

1949 musste im Parlamentarischen Rat darum gerungen werden, dass tatsächlich Schwarz-Rot-Gold als der deutsche „Dreifarb“ und nicht eine Flagge mit Kreuz das Symbol der Bundesrepublik geworden ist. Bis zum Jahr 1959, als die SED Hammer und Sichel auf der Flagge anordnete, führten Bundesrepublik und DDR identische Flaggen. So ist Schwarz-Rot-Gold neben allem andern auch noch die Flagge der deutschen Einheit geworden.

Man kann sich kaum noch vorstellen, in welchem Ausmaß der Weimarer Flaggenstreit die Gesellschaft polarisiert hat. Schwarz-Rot-Gold wurde als Schwarz-Rot-Mostrich verunglimpft.

Als Staatsbürger würde ich mir heute wünschen, dass auf der deutschen Linken mehr Respekt für die Symbole des Staates aufgebracht würde. Vor allem aber kommt es darauf an, in der Situation des Jahresanfangs 2016 dafür zu sorgen, dass Schwarz-Rot-Gold nicht in die Hände derer gerät, die im Namen eines obskuren Volkswillens die Demokratie bekämpfen. Es darf nicht die Flagge der Fremdenfeindlichkeit werden. Das aber kann nur verhütet werden, wenn sich diejenigen, die sich als weltoffen und gastfreundlich verstehen, auch wieder selbst unter Schwarz-Rot-Gold versammeln, am besten, indem sie diese Flagge zusammen mit der Europafahne zeigen.

Als Historiker wünsche ich mir, dass die Ausstellung „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ uns vor Augen führt, dass die Freiheit jederzeit wachsame Verteidiger braucht. Dabei wird man sich immer wieder vor falschen Freunden in Acht nehmen müssen. Ich wünsche der Ausstellung einen guten Verlauf und ein großes Echo.

Thomas Stamm-Kuhlmann