Grußwort des Bundesvorsitzenden Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold
Johannes Kahrs MdB

zur Ausstellungseröffnung am 9. November 2003
in der ehemaligen Synagoge in Deidesheim

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Besucher,

im Jahre 2014 feierte das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold in der Freien und Hansestadt Hamburg sein 90-jähriges Bestehen. „Ja, das Reichsbanner gibt es heute noch!“ ist eine unserer häufigsten Antworten, die wir bei Veranstaltungen des Vereins immer wieder den ungläubigen, bis weilen skeptischen, Gästen geben.

Ja, in der Tat besteht das Reichsbanner bis heute. 1924 gegründet und 1953 wiedergegründet ist es mit seinen ehemals über 3,5 Mio. Mitgliedern eine der größten Organisationen der deutschen Geschichte und zugleich eine der unbekanntesten. Woran liegt das, mag man sich fragen? Dafür gibt es viele Gründe, die insbesondere im Verbot des Vereins 1933 und der systematischen Vernichtung der Zeitzeugnisse zu finden sind. Doch auch die Aufarbeitung deutscher Geschichte nach den singulären Verbrechen des Nationalsozialismus hat zu einer grundsätzlichen Entfremdung der Deutschen mit ihrer Geschichte geführt.

Vieles steht heute pauschal in einer falschen politischen Ecke – der Umgang mit unseren Nationalfarben sei hier als eines der Beispiele genannt – oder wird als altmodisch abgetan. Dabei ist bereits lange vor 1933 bzw. 1945 in Deutschland „gute Geschichte“ geschrieben worden, sind positive Traditionen begründet worden, die es wert sind, gelebt und weitergegeben zu werden. Zahlreiche Mitglieder des Reichsbanners haben dafür im Kampf für die Republik gegen den Extremismus vor und während der Nazi-Zeit ihre Leben gegeben. Die Demokratie-Geschichte unseres Landes ist zu reichhaltig und zu interessant, als sie einzig den Geschichtsbüchern zu überlassen.

So stehen jene Werte, für die das Reichsbanner einst in der Weimarer Republik stand, auch heute noch für ein modernes, aufgeklärtes und demokratisches Deutschland. Ein Land, das sich seiner Identität bewusst ist und in Verantwortung für seine Geschichte stolz auf seine demokratischen Errungenschaften sein kann. Im 92. Jahr seines Bestehens steht das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold zu dieser Demokratie und für jene Werte, die unsere Republik stark gemacht haben: Für Einigkeit und Recht und Freiheit. Denn es gibt uns heute noch.

In diesem Sinne danke ich Herrn Michael Lysenko für seine bewundernswerte Arbeit und wünsche der Ausstellung über das Reichsbanner in Pommern von 1924-1933 eine hohe Resonanz sowie zahlreiche Besucher.

Johannes Kahrs MdB
Bundesvorsitzender